Fachbegriffe rund um das Thema Nabelschnurblut
Wenn es um Stammzellen geht, werden häufig medizinische Fachbegriffe angeführt, die für Laien nur schwer verständlich sind. Die wichtigsten Fachbegriffe rund um das Thema Nabelschnurblut werden im Folgenden erklärt.
Adulte Stammzellen
Stammzellen, die aus Nabelschnurblut gewonnen werden, gehören zu den sogenannten adulten, also „erwachsenen“ Stammzellen. Sie können sich im Körper zu unterschiedlich spezialisierten Zellen entwickeln und sind somit in der Lage, im Körper wichtige Reparaturaufgaben zu übernehmen. Adulte Stammzellen aus dem Nabelschnurblut haben zudem den Vorteil, dass sie sehr jung und vermehrungsfreudig sind.
Allogene Stammzelltransplantation
Als allogene Stammzelltransplantation bezeichnen Mediziner eine Fremdtransplantation. Die Stammzellen, die transplantiert werden, wurden einem anderen, fremden Menschen oder einem Verwandten entnommen. Hierbei ist das Risiko gegeben, dass Abstoßungsreaktionen auftreten können.
Aplastische Anämie
Von einer aplastischen Anämie spricht man, wenn eine Störung der Knochenmarksfunktion vorliegt, bei der es zu einer verminderten Bildung aller Blutzellen kommt. Erkrankte leiden also an einem Mangel an roten (Erythrozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sowie an einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten). Die aplastische Anämie kann angeboren oder erworben sein.
Autologe Stammzelltransplantation
Als autologe Stammzelltransplantation bezeichnen Mediziner eine Eigentransplantation. Wird ein Kind mit den Stammzellen aus der eigenen Nabelschnur behandelt, handelt es sich um eine autologe Transplantation. Der Vorteil einer solchen autologen Transplantation: Das Immunsystem reagiert auf die körpereigenen Zellen nicht mit einer Abstoßungsreaktion.
Diabetes mellitus Typ I
Diabetes mellitus Typ I ist eine Autoimmunkrankheit. Betroffene produzieren kein oder nur kaum eigenes Insulin, da das körpereigene Immunsystem sich gegen die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse richtet und diese zerstört. Die Gründe dafür sind noch unklar.
Erythrozyten
Erythrozyten, auch rote Blutkörperchen genannt, entstehen aus den Erythroblasten im Knochenmark. Sie enthalten den eisenhaltigen Blutfarbstoff Hämoglobin und dienen im Körper dem Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid.
Hämatopoetische Stammzellen
Hämatopoetische Stammzellen sind blutbildende Stammzellen, die sich selbst erneuern und die Fähigkeit haben, sich in kurzen Zyklen immer wieder in sämtliche spezialisierte Zellen des Blutes wie rote (Erythrozyten) und weiße Blutkörperchen (Leukozyten) sowie in Blutplättchen (Thrombozyten) auszudifferenzieren. Hämatopoetische Stammzellen halten also den Sauerstofftransport im Körper und die Blutgerinnung aufrecht und sind auch am Aufbau eines gesunden Immunsystems beteiligt. Im Nabelschnurblut sind besonders viele dieser hämatopoetischen Blutstammzellen vorhanden.
Hepatitis
Hepatitis ist eine Erkrankung, die mit einer Entzündung der Leber und einer Schädigung der Leberzellen einhergeht. Sie kann u.a. durch Viren, Bakterien oder auch durch Alkohol hervorgerufen werden. Gegenwärtig werden fünf Formen der Virus-Hepatitis unterschieden (Hepatitis A, B, C, D und E).
HLA-Gewebemerkmale
HLA-Gewebemerkmale sind individuelle Leukozytenmerkmale, die in die Membranen jeder Körperzelle eingebaut sind. HLA-Gewebemerkmale sind daher entscheidend für die Gewebeverträglichkeit bei Transplantationen.
HLA-Typisierung
Die Bestimmung der individuellen Leukozytenmerkmale (HLA-Gewebemerkmale) nennt man HLA-Typisierung.
Knochenmark
Das Knochenmark ist ein in größeren Knochen enthaltenes Binde- und Stammzellgewebe. Es dient u.a. der Bildung von Blutzellen. Bei Leukämiekranken ist der Vorgang der Blutbildung gestört.
Kryokonservierung
Die Kryokonservierung ist eine Form der Kältekonservierung mit flüssigem Stickstoff. In den Kryotanks herrscht eine Temperatur von etwa minus 196 Grad. Mit der Kryokonservierung lassen sich Gewebe langfristig aufbewahren. Sowohl das Nabelschnurblut als auch die Stammzellen aus dem Nabelschnurgewebe können kryokonserviert werden.
Leukämie
Bei der Leukämie, die auch als Blutkrebs bezeichnet wird, handelt es sich um eine Krebserkrankung des blutbildenden Systems. Sie betrifft vor allem das Knochenmark und die Lymphknoten und geht mit einer übermäßigen Bildung von weißen Blutzellen (Leukozyten) einher. Es wird zwischen akuten Leukämieformen und chronischen Leukämieformen unterschieden. Akute Leukämien verlaufen unbehandelt innerhalb kurzer Zeit tödlich, während chronische Leukämien einen langsamen Verlauf über Jahre aufweisen. Eine Heilung ist nur durch die Transplantation gesunder blutbildender Zellen möglich.
Leukozyten
Leukozyten, auch weiße Blutkörperchen gegannt, sind farblose Blutzellen. Sie dienen im Körper u.a. zur Abwehr von Infektionen. Sie kämpfen also gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren, Tumorzellen oder andere Giftstoffe. Unter den Begriff Leukozyten fallen Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten.
Mesenchymale Stammzellen
Mesenchymale Stammzellen sind adulte, multipotente Stammzellen, die die Fähigkeit haben, sich in verschiedene Gewebe auszudifferenzieren. Sie dienen dem Aufbau und der Reparatur von Knorpel und Knochen. Mesenchymale Stammzellen kommen in der Nabelschnur und im Knochenmark vor. Im Nabelschnurgewebe sind sie in besonders hoher Konzentration enthalten. Da die Nabelschnur normalerweise bei der Entbindung entsorgt wird, entsteht durch die Isolation von mesenchymalen Stammzellen keinerlei Kontroverse auf ethischer Ebene.
Multipotente Stammzellen
Die Stammzellen aus Nabelschnurblut gehören zu den multipotenten Stammzellen. Sie können sich in verschiedene Zelltypen entwickeln, allerdings keinen kompletten Organismus bilden.
Nabelschnurblut
Das restliche Blut, das nach dem Abnabeln des Kindes in der Plazenta und der Nabelschnur verbleibt, nennt man Nabelschnurblut. Nabelschnurblut ist besonders reich an jungen, vitalen und teilungsfreudigen Stammzellen. Es enthält deshalb so viele Stammzellen, weil sich der Blutbildungsprozess des kindlichen Körpers im letzten Schwangerschaftsdrittel verändert. Während in den frühen Phasen der Schwangerschaft die Leber und die Milz des Kindes die Blutbildung übernehmen, geht die Blutbildung im letzten Schwangerschaftsdrittel ins Knochenmark des Kindes über. Diese Verlagerung findet über den Blutkreislauf des Kindes statt, weshalb sich bei der Geburt so viele Stammzellen im Nabelschnurblut befinden.
Nabelschnurblutbank
Es gibt öffentliche und private Nabelschnurblutbanken. Öffentliche Nabelschnurblutbanken nehmen Nabelschnurblutspenden entgegen. Private Nabelschnurblutbanken hingegen bieten Eltern die individuelle Einlagerung von Nabelschnurblut-Stammzellen an.
Neuroblastom
Das Neuroblastom ist eine bösartige Erkrankung des sympathischen Nervensystems, die vor allem im frühen Kindesalter auftritt. Etwa jeder zehnte bösartige Tumor im Kindesalter ist ein Neuroblastom.
Proliferation
Unter Proliferation versteht man die Vermehrung und das Wachstum von Zellen. Sie spielt bei Menschen vor allem während der Embryonal- und der Wachstumsphase eine große Rolle, dient jedoch auch der Nachlieferung abgestoßener Zellen sowie Reparaturprozessen.
Regenerative Medizin
Die regenerative Medizin versucht sich die Fähigkeit des Körpers nutzbar zu machen, sich selbst zu reparieren. Stammzellen spielen dabei eine bedeutende Rolle, da sie die Fähigkeit besitzen, kranke Zellen zu ersetzen. Wissenschaftler und Mediziner erforschen derzeit, inwiefern Stammzellen nutzbar gemacht werden können, um sogar ganze Organe nachzubilden. Durch die Weiterentwicklung der Stammzelltherapie erhofft man sich Heilungsansätze für Krankheiten wie Parkinson, Diabetes Typ I, Querschnittslähmung und Hirnschäden.
Retinoblastom
Das Retinoblastom ist eine seltene Krebserkrankung des Auges. Sie tritt in der Regel bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Man unterscheidet eine erbliche und eine nicht-erbliche Form des Retinoblastoms. Retinoblastome wachsen in der Regel schnell. Wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt, verläuft sie fast immer tödlich.
Rubinstein-Verfahren
Der chilenische Arzt und Wissenschaftler Pablo Rubinstein gilt als Pionier auf dem Gebiet der Stammzellforschung. Das nach ihm benannte Rubinstein-Verfahren kommt bei der Einlagerung von Nabelschnurblut zum Einsatz. Es gilt inzwischen als weltweiter Standard aller öffentlichen Banken und sieht eine Separation der Stammzellen vor. Die Stammzellen werden also schonend von den restlichen Blutbestandteilen getrennt. Das hat mehrere Vorteile. Zum einen wird dadurch das Volumen des Blutes verkleinert, wodurch lediglich eine geringere Menge an Gefrierschutzmittel notwendig ist. Des Weiteren wird durch eine Separation einer möglichen Verklumpung durch andere Zellen beim Einfrieren und Auftauen entgegengewirkt. Nach dem Auftauen ist zudem kein Zellverlust durch das Waschen zu erwarten und die Stammzellen sind sofort einsatzbereit.
Thrombozyten
Die Thrombozyten, auch Blutplättchen genannt, sind an der Blutgerinnung beteiligt.
Vollblut
Meist kommt das sogenannte Rubinstein-Verfahren bei der Einlagerung von Nabelschnurblut zum Einsatz, das eine Separation der Stammzellen vorsieht. Alternativ kann jedoch auch das Vollblut eingefroren werden. Das Volumen wird in diesem Fall also nicht verkleinert. Die Vollblut-Variante gilt als kostengünstiger, macht nach dem Auftauen jedoch mehr Arbeit, da dann noch eine Separation der Stammzellen erfolgen muss.
Zerebralparese
Eine Zerebralparese ist eine durch eine Hirnschädigung ausgelöste Lähmung (lat. „cerebrum“: Gehirn, griech. „parese“: Lähmung). Sie kann durch Sauerstoffmangel vor, während und nach der Geburt entstehen. Auch eine Infektion, ein Unfall oder eine Vergiftung kann eine frühkindliche Hirnschädigung verursachen.
ZKRD
Das ZKRD (Zentrales Knochenmarkspender Register Deutschland) erfasst als zentrales Register die transplantationsrelevanten Daten aller potenziellen Blutstammzellspender in Deutschland. Sie stellt diese Daten Transplantationszentren im Inland bzw. den entsprechenden Zentralregistern im Ausland zur Verfügung. Außerdem werden die HLA-Daten der in Deutschland registrierten Spender an die weltweite Datenbank WMDA („World Marrow Donor Association“) weitergegeben.
Im ZKRD sind auch alle eingelagerten Nabelschnurblut-Stammzellpräparate gespeichert, die an öffentliche Nabelschnurblutbanken gespendet wurden oder aber bei einer privaten Nabelschnurblutbank mit der Option auf Spende eingelagert wurden.